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Kommentar | Messerverbotszonen oder Homöopathie für die Straße

Mai 13, 2019 by Milan Herrmann

Vorgestern machte eine Gesetzesinitiative des Bundesrats zur Anpassung des Waffenrechts und der sogenannten „Messerverbotszonen“ Schlagzeilen. Auf Antrag der Länder Bremen und Niedersachsen wird die Drucksache „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes“[1] am 17.5 im Bundesrat vorgestellt, und anschließend in entsprechenden Ausschüssen beraten. Die relevanten Fragen lauten jedoch, wozu braucht es diese Gesetzesänderung und was soll sie bewirken?

Der Gesetzesentwurf

Der Text der beiden Bundesländer beginnt mit der Ausformulierung von „Problem und Ziel“ (Seite 1). Darin heißt es:

Angriffe mit Messern oder mit Waffen werden weiterhin in hoher Zahl verübt. Sie sind besonders gefährlich und beeinträchtigen das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Durch weitere gesetzliche Maßnahmen soll daher das Mitführen von Waffen und Messern in der Öffentlichkeit insbesondere an stark frequentierten Orten weiter eingedämmt werden, um so auch die Gelegenheit zu Angriffen mit Waffen und Messern zu verringern.

Das erweiterte Verbot von Waffen soll das Risiko von Angriffen reduzieren und auf diese Weise das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärken. Insgesamt scheint die empfundene Sicherheit einen besonderen Stellenwert in der Initiative zu haben, denn auch der Folgepunkt „Lösungen“ beginnt ähnlich.

Ein besserer Schutz vor Messerangriffen wird im Ergebnis zu einer deutlichen Stärkung des Sicherheitsempfindens in der Bevölkerung führen.

Anschließend wird ausgeführt, wie die Maßnahmen konkret aussehen sollen. Dabei geht es einerseits darum, den Ländern mehr Freiheiten zu geben Waffenverbotszonen auszusprechen. Andererseits soll die Definition von Messern als Waffe aktualisiert werden. In der Begründung des Gesetzesentwurfs finden sich noch ein paar weitere, interessante Eckpunkte:

Seite 7-8: Die Errichtung von Waffenverbotszonen ist laut Text derzeit an bereits erfolgte Gewaltdelikte wie Raub oder Körperverletzung geknüpft. Diese Voraussetzung soll nun zugunsten eines Präventivschutzes fallen gelassen werden. Begründet wird der Änderungsvorschlag mit zwei Argumenten: Erstens erhöhe eine große Zahl von Menschen an einem Ort das Risiko eines Angriffs. Zweitens könne durch einen Angriff mit einer Waffe eine Massenpanik entstehen.

Seite 8: Ferner sollen Orte mit Waffenverbotszonen belegt werden können, an denen sich besonders Schutzbedürftige Personen aufhalten. Gemeint sind insbesondere Schulen und andere Bildungseinrichtungen.

Seite 8-9: Gänzlich neu erscheint die Möglichkeit ein erweitertes Waffenverbot auszusprechen, das für alle Messer gelten soll – also auch solche, die nicht als Waffe klassifiziert werden.

Seite 9-10: Demgegenüber soll auch die Definition von Messern als Waffe überarbeitet werden, indem die zulässige Klingenlänge von 12 cm auf 6 cm reduziert wird. Zudem soll eine Ausnahmeerlaubnis bei Springmessern gestrichen werden.

Seite 10: Der letzte Absatz zum Inkrafttreten der Regelung erinnert dann noch einmal an das Sicherheitsgefühl:

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Änderungsgesetzes. Es erscheint geboten, die Änderungen sofort in Kraft treten zu lassen und die von Waffen und Messern mit einer Klingenlänge über 6 cm ausgehenden Gefahren sofort einzudämmen und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung damit unmittelbar zu stärken

Wozu die Gesetzesänderung ?
Gefühlte Kriminalität

Wie dem Gesetzesentwurf bereits zu entnehmen war, fußt der Vorstoß nicht auf der Auswertung von Kriminalstatistiken. Im Zentrum stehen die gefühlte Kriminalität bzw. Sicherheit und die vage Behauptung einer weiterhin hohen Anzahl von Messerangriffen. Doch genau hier liegt ein Hauptproblem in Sachen „Messerkriminalität“: die miserable Datenlage. Bis Jetzt gibt es keine einheitliche Regelung, die die Landespolizeien dazu verpflichtet Stichwaffen gesondert zu erfassen. Lediglich in Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig Holstein gibt es diese Kategorie [2].

Aus diesem Grund mahnten Vertreter der Polizei bereits letztes Jahr zu deren bundesweiter Einführung [3]. In einem Anfall von Naivität nahm ich an, dass es wohlmöglich dieses Jahr schon so weit sein könnte. -Mit dieser Einschätzung lag ich jedoch weit daneben. Nach aktuellen Berichten soll die Erweiterung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamts frühestens ab 2022 erfolgen [4]. An den oft beschwichtigend wirkenden Formulierungen wie „Sicherheitsempfinden“, „gefühlte Kriminalität“ oder „gefühlte Unsicherheit“ [5] wird sich also vorerst nichts ändern.

Aus technischer Perspektive bleibt mir gleichwohl schleierhaft, weshalb ausgerechnet die simple Angabe einer Tatwaffe solche Umstände bereitet, und mehr als drei Jahre benötigen sollte. Die vergleichbar schwierige Einführung von Straftaten durch Zuwanderer wurde in nicht einmal zweieinhalb Jahren bewerkstelligt.
Dabei könnte gerade der Erkenntnisgewinn durch Statistiken zur Messerkriminalität besonders hoch sein, z.B. Zuordnung von Messern zu bestimmten Straftatbeständen, Veränderungen in der Bereitschaft ein Messer einzusetzen oder Zu- bzw. Abnahme von Messerkriminalität im öffentlichen Raum.

Aus der persönlichen Recherche möchte ich an dieser Stelle zwei Beobachtungen anfügen:

  • Erstens gehören Klingenwaffen nicht zum bevorzugten Tatwerkzeug klassischer, gewaltbereiter Gruppen wie Hooligans, schwarzem Block oder Neonazis. In der Regel greifen diese auf Schlagringe, Quarzhandschuhe, stumpfe Waffen wie Totschläger und Baseballschläger oder Wurfgegenstände zurück, wenn sie sich für den Straßenkampf rüsten. Eine Ausnahme bilden Skinheads und Rocker.
  • Zweitens scheint insbesondere die extreme und grundlose Gewaltanwendung mit Messern, Macheten oder Äxten im öffentlichen Raum zuzunehmen. Exemplarisch hier [6] eine Auswahl von Zeitungsartikeln der letzten 4 Tage, und hier [7] eine Liste der polizeilichen Pressemitteilungen mit dem Suchwort „Messer“. (alternative Suchwörter: Stich, Stichwunde, Schnittwunde, scharf[er Gegenstand], Machete, Waffe, bewaffnet)

Was bewirkt die Gesetzesänderung ?
Simulierte Sicherheit

In Anbetracht der Tatsache, dass das Phänomen Messerkriminalität kaum erforscht ist, fällt es schwer zu glauben, dass der Gesetzesentwurf auch tatsächlich an den richtigen Stellschrauben dreht. Einige Punkte, wie das Verbannen jeglicher Springmesser, oder die Reduzierung der Klingenlänge ergeben zwar Sinn, müssen aber immer noch durchgesetzt werden. Nun ist hierzu, wie im Textentwurf angegeben (Seite 2), keine unterstützende Finanzierung vorgesehen. Folgerichtig bleibt das Verhältnis von Gesetzeshütern zu Gewalttätern gleich.

Wer also glaubt, dass die angestrebte Gesetzesänderung eine unbmittelbare Wirkung erzielen wird, wird sich getäuscht sehen. Deren Erfolg hängt maßgeblich davon ab, wie viele Kapazitäten die jeweilige Polizei besitzt, um zusätzliche Verbote und Verbotszonen auch faktisch durchzusetzen. Das alleinige Verbot wird gewaltbereite Personen nicht davon abhalten ein Messer bei sich zu tragen. Einzig, beliebte Bereiche in Innenstädten oder Bildungseinrichtungen könnten durch neue Schwerpunktsetzungen besser geschützt werden.

Insgesamt liest sich der Gesetzesentwurf eher wie die Erweiterung des polizeilichen Werkzeugkastens, der auch an vielen anderen Stellen forciert wird (Polizeigesetze, Onlineabhörung etc.). Die Maßnahmen mögen die Arbeit der Einsatzkräfte im Alltag erleichtern, z.B. durch Beschlagnahmung von Messern, aber an einen quantitativen Einschnitt der Messerkriminalität glaube ich nicht.

Solange geltendes Recht nicht besser durchgesetzt wird, und Menschen, die den Tod anderer billigend in Kauf nehmen, nicht konsequenter und länger hinter Gitter gebracht werden, wird sich daran nichts ändern. Zu oft lese ich, dass Tatverdächtige und sogar Täter vor Beginn des Verfahrens auf freiem Fuß bleiben oder mit einer Bewährungsstrafe davon kommen. Wenn diese Personen erst einen Strafenkatalog vom Umfang eines Lebenslaufs ansammeln müssen, bevor sie die Konsequenzen ihres Handelns spüren, dann läuft etwas gewaltig schief.

Überspitzt lässt sich festhalten, dass die Antwort des Bundesrats auf gefühlte Kriminalität simulierte Sicherheit lautet. Es handelt sich um eine Art Homöopathie für die Straße – man muss daran glauben, damit es wirkt.


[1] Bundesrat || die Länder Niedersachsen, Bremen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2019/0201-0300/207-19.pdf?__blob=publicationFile&v=1

[2] Tagesschau || Patrick Gensing, Gabor Halasz
Zahlen zur Kriminalität. Keine „Messer-Epidemie“ in Deutschland
https://faktenfinder.tagesschau.de/inland/kriminalitaet-deutschland-101.html

[3] Deutschlandfunk || keine Angabe
Nachgefragt. „Messergewalt“ in Deutschland
https://www.deutschlandfunk.de/nachgefragt-messergewalt-in-deutschland.2852.de.html?dram:article_id=426662

[4] RP Online || felt / dpa
Erste Statistik zu Messerangriffen wohl frühestens 2022
https://rp-online.de/panorama/deutschland/kriminalitaet-in-deutschland-erste-statistik-zu-messerangriffen-fruehestens-2022_aid-36512773

[5] ntv || Interview mit Christian Pfeiffer
Kriminalität sinkt, Unsicherheit steigt
https://www.n-tv.de/politik/Kriminalitaet-sinkt-Unsicherheit-steigt-article20400082.html

[6] Zeitungsartikel zu Messerattacken
(10.05.-13.05.2019)
– Bild || Drei Frauen in einer Nacht in Nürnberg schwer verletzt
– Express || Kölner Ringe. Messer-Angriff! Doch die Täter haben ein Detail nicht bedacht
– Focus || Versuchter TotschlagNach Bluttat vor Berliner Club: Polizei sucht Messerstecher und Komplizen mit Foto
– Mittelbayerische || Messerattacke: Haftbefehl erlassen
– ntv || Messerattacke in Nürnberg: Mann lebensgefährlich verletzt
– rbb24 || Verdächtiger nach Messerangriff im Görlitzer Park gefasst 
– WAZ || Messerattacke unter Lkw-Fahrern in Duisburg endet blutig
– Weser Kurier || 33-Jähriger bei Messerangriff in Bremen verletzt
– Westfalenpost || Streit in Sundern: Mann durch Messerattacke schwer verletzt

[7] Pressemitteilungen der Polizei mit dem Inhalt „Messer“
(6.05.-13.05.2019)
https://www.presseportal.de/blaulicht/suche/messer?startDate=2019-05-06&endDate=2019-05-13&sort=asc

Filed Under: Kommentare Tagged With: Kriminalität, Messer

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