Die Ampel präsentiert ihren Entwurf für eine Wahlrechtsreform, um den Bundestag dauerhaft zu verkleinern. Demnach sollen in Zukunft exakt 598 Abgeordnete auf den Sitzen des Berliner Reichstags Platz finden – 138 Volksvertreter weniger als derzeit. Allerdings ist das Vorhaben nicht neu, denn Angela Merkel war zuvor an Koalitionsdifferenzen gescheitert. Nun versucht die amtierende Regierung es erneut und nimmt dabei rechtliche und Vertrauensprobleme in Kauf.
Kern der Auseinandersetzung bildet die Frage, wie das Verhältnis von Direktmandaten und Zweitstimme geregelt wird. Erhält eine Partei aktuell mehr Direktmandate als ihr prozentual zustehen, bekommt sie Überhangmandate zugesprochen. Seit 2013 hat jedoch das Wahlergebnis nach Zweitstimme Vorrang. In der Folge entstehen Ausgleichsmandate für Parteien, die durch Direktmandate benachteiligt werden. Ein Teufelskreis, je mehr Parteien vertreten sind, desto wahrscheinlicher folgen Überhang- und Ausgleichsmandate.
Was gibt es also an den Plänen der Regierung auszusetzen? Steht der Entwurf, könnten Politiker auch dann ohne Bundestagsmandat bleiben, wenn sie ihren Wahlkreis gewinnen. Denn die Ampel möchte Überhangmandate gänzlich abschaffen: Überschreitet eine Partei ihren Wähleranteil, entfallen überschüssige Direktmandate. Ob eine solche Regelung verfassungsrechtlich Bestand hat, ist fraglich. Einen potenziell größeren Schaden könnte jedoch das Vertrauens in unser demokratisches System nehmen. Warum wählen gehen, wenn der Sieger am Ende doch zur Niete wird?